Man sieht auf dem ersten Blick, dass die Einrichtung „Gepflegt Wohnen“ in Hoyerswerda etwas ganz Besonderes ist.
Das im August 2024 neu eröffnete Haus liegt in idyllischer Lage. Im Inneren fällt sofort das offene Raumkonzept auf: Es gibt keine Gänge im klassischen Sinne, sondern komplett offene Bereiche mit Esstischen, einer Gemeinschaftsküche, einer Wohnlounge mit kleiner Fernsehecke, Sesseln und einer Bibliothek. So wird den Bewohner:innen nicht das Gefühl vermittelt, „in ein Zimmer geschafft zu werden“, sondern sie haben das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein und miteinander in den Austausch gehen zu können. „Damit werden auch ältere Menschen, die vor dem Umzug in das neue Pflegewohnheim ihre Zimmer kaum noch verlassen haben, dazu animiert, sich aktiv am Gemeinschaftsleben zu beteiligen“, erklärt die engagierte Einrichtungsleiterin Nicole Deckwart. Gemeinsam mit der Pflegeleiterin Carmen Tschentscher und der Pflegefachkraft Lilly Koal führt sie uns durch die beeindruckende Wohnanlage, die aus zwei Stockwerken mit behindertengerechten und barrierefreien Mietwohnungen sowie aus zwei Etagen mit stationärer Pflege und einer Tagespflege besteht – alles unter einem Dach. „Das hat vor allem auch für die Mieter:innen der Wohnungen den Vorteil, dass sie, wenn sie nicht mehr selbstständig genug sind, innerhalb des Hauses umziehen können“, erklärt Frau Deckwart. Die Mieter:innen bleiben in ihrer gewohnten Umgebung, was vor allem für Ehepaare ideal ist, die so weiterhin unmittelbar beieinander leben können.
Die stationäre Pflege hat insgesamt 49 Bewohner:innen und ist voll ausgelastet. Auch in den Zimmern beeindruckt das innovative Raumkonzept: Das Badezimmer lässt sich durch eine schwenkbare Wand in den Raum klappen, um den Zugang zum Pflegebett bei der Körperpflege zu erleichtern. Die Möbel – bis auf Bett und Schrank – werden von den Bewohner:innen selbst mitgebracht. Das fördert Individualität, Selbstbestimmung und das Gefühl einer vertrauten Umgebung.
Das Gebäude verfügt zudem über eine geförderte Projektwohnung – ein „Experiment“ für die Zukunft – mit lokaler Spracherkennung und einem Sensorfußboden, um Stürze der Mieter:innen zu erkennen sowie einem System, das beim Verlassen der Wohnung anzeigt, ob elektrische Geräte noch in Betrieb sind. Weitere Sensoren können Veränderungen des Schlaf- oder Gangverhaltens aufzeigen und somit Hinweise auf mögliche Krankheiten liefern.
Eine ganz besondere Gestaltung
Auch das bausteinartig gestaltete Angebot der Einrichtung ist eine Besonderheit. Die Bewohner:innen können individuell zusammenstellen, welche Leistungen sie benötigen, sei es stationäre Pflege, ambulante Unterstützung oder weitere Angebote. Es wird bedürfnisorientiert gearbeitet. Damit dies funktioniert, ist die Einrichtungsleiterin Nicole Deckwart die zentrale Ansprechpartnerin und Schnittstelle zwischen Pflege, Haustechnik, ambulanter Pflege und Tagespflege. Sie steht in ständigem Austausch mit Kolleg:innen, Angehörigen und den Bewohner:innen selbst. „Meine Bürotür ist eigentlich immer offen“, sagt Frau Deckwart. „Gibt es ein Anliegen, wird es direkt geklärt. Dafür braucht es keine aufwendigen Besprechungen.“ In den Mietwohnungen gibt es mit Frau Keil außerdem eine soziale Betreuungskraft. Sie plant Beschäftigungsangebote und Ausflüge und ist mitten im Geschehen. Aufgrund dieser reibungslosen Kommunikation ist es dem Team möglich, alle Leistungen regelmäßig anzupassen.
Ein weiterer Unterschied ist, dass die Versorgung intern gesteuert wird. Die Mieter:innen nutzen den ambulanten Dienst der AWO. So wird verhindert, dass zahlreiche externe Dienste beschäftigt werden, und eine kontinuierliche Betreuung ist sichergestellt.
Die offene und gemeinschaftliche Struktur des Hauses spiegelt sich in seiner liebevollen Gestaltung wider. Es wirkt nicht kahl und steril, sondern durch harmonische Farben, angenehme Lichtquellen, Bilder an den Wänden und viele weitere liebevolle Details, vermittelt es ein echtes Zuhause-Gefühl, in dem man sich sofort willkommen fühlt.
Während die Veränderungen für die Bewohner:innen deutlich spürbar sind, zeigt sich auch Pflegefachkraft Lilly Koal begeistert von den Umstellungen. Sie berichtet, dass die Fachkräfte im vorherigen Gebäude auf ihrer Etage meist allein waren. „Es war zwar die Unterstützung von der Hauswirtschaft und der sozialen Betreuung da, doch im Vergleich zu damals ist es jetzt eine bessere Zusammenarbeit“, erzählt sie uns.
Vor allem durch die übergreifenden Etagen gibt es ein Zusammenspiel aller Berufsgruppen – die Mitarbeitenden kommen besser in Kontakt und können sich schneller Unterstützung holen. Auch die Bewohner:innen merken, dass die Mitarbeiter:innen viel besser kooperieren.
Eine Umstellung zum Positiven
Natürlich mussten sich auch die Bewohner:innen nach dem Umzug im August erstmal mit dem Konzept und in den neuen Räumen orientieren – doch schnell kam der Alltag und mit diesem auch sichtbare Veränderungen im Verhalten der Bewohner:innen. Die mit Küche ausgestatteten Wohnbereiche werden von ihnen ausgiebig genutzt. Mindestens zweimal pro Woche wird mit den Bewohner:innen gebacken, und auch beim Kochen oder den Kaffee-Nachmittagen darf, wer mag, gerne selbst Hand anlegen und Zutaten schnippeln. Morgens riecht es überall nach Kaffee, der direkt im Wohnbereich zubereitet wird. Darüber hinaus gibt es sehr gut besuchte externe Angebote wie Sport-, Hunde- oder Kräutertherapie. Dort können die Bewohner:innen ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Die Außenanlage mit ihren vielen Sitzmöglichkeiten und Grünflächen ist sehr beliebt. Schüler:innen einer Baumschule haben den Garten so bepflanzt, dass zu jeder Jahreszeit etwas blüht.
„Dass die Umgebung die Bewohner:innen positiv beeinflusst, merkt man sehr“, sagt Frau Deckwart. Sie erzählt von einem Bewohner, der früher viel pflegebedürftiger war. Er wurde immer im Bett versorgt und kam nur für eine Stunde am Tag mit dem Rollstuhl aus seinem Zimmer. Heute genießt er ausgiebig die Zeit auf dem Balkon. Früher nahmen einige ihre Mahlzeiten ausschließlich im Zimmer ein, heute sitzen sie gemeinsam am Tisch.
Auch Bewohner Herr Renke fühlt sich wohl in der neuen Einrichtung: „Das Angebot hier ist wirklich sehr üppig.“ Er berichtet von der Sporttherapie, die alle zwei Wochen stattfindet. „Heute waren so viele da, dass wir extra Stühle holen mussten.“ Er erzählt, wie schnell die Zeit durch den abwechslungsreichen Alltag vergeht. „Wenn ich an das alte Pflegeheim denke, komme ich mir hier wie in einem 3-Sterne-Hotel vor.“ Herr Renke erinnert sich an seinen Einzug vor einigen Monaten: „Es war schon eine große Umgewöhnung. Aber jetzt bin ich mit allem zufrieden. Hier wird sich wirklich alle unglaublich viel Mühe gegeben.“
Auch die Räumlichkeiten gefallen ihm: „Das Bad mit der ausziehbaren Tür ist super und erleichtert auch den Pflegefachkräften das Waschen.“
Aus den Gesprächen wird deutlich, dass beim Konzept „Gepflegt wohnen“ der individuelle und eigenständige Mensch im Fokus steht und auf dessen Bedürfnisse und Wünsche eingegangen wird. Wie die Einrichtungsleiterin, Frau Deckwart, sagt: „Es wird alles gefördert und gefordert, nach bestem Wissen und Gewissen.“ Das zeichnet diese Einrichtung aus und macht sie zu einem Ort, an dem sich Menschen wohlfühlen und aktiv am Gemeinschaftsleben teilnehmen können – Pflege, wie wir sie uns in Zukunft für uns alle wünschen.