Der sächsische Haushalt muss nachgebessert werden

Die Liga Sachsen warnt: Geplante Kürzungen gefährden soziale Stabilität und wirtschaftliche Teilhabe

Drei unterschiedlich große Münzhaufen, auf denen eine zarte Pflanze wächst

Der sächsische Haushaltsentwurf ist in schwierigen Zeiten und unter enormen finanziellem und politischem Druck entstanden. Die Forderung von Haushaltsdisziplin ist verständlich, aber: Fiskalische Verantwortung bedeutet nicht nur, Schulden zu vermeiden, sie bedeutet auch, soziale Stabilität zu sichern. Die Liga mahnt daher, die sozialen Auswirkungen dieses Haushalts nicht zu unterschätzen.

Dazu Frank Schaffrath, Geschäftsführer der Liga Sachsen: „Wenn notwendige Investitionen in den sozialen Zusammenhalt dauerhaft unterbleiben, sind die langfristigen Folgekosten in Form von Krankheit, sozialer Spaltung, Arbeitslosigkeit oder politischer Radikalisierung erheblich höher. Die LIGA warnt deshalb eindringlich davor, insbesondere im Haushaltsplan des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales – dem Herzstück der sozialen Daseinsvorsorge – strukturelle Kürzungen vorzunehmen, die irreversible Schäden verursachen können.“

Besonders betroffen sehen wir die folgenden vier Handlungsfelder:

1) Die Verbraucherinsolvenzberatung: Die geplanten Kürzungen von 15 % im Jahr 2025 und weiteren 35 % im Jahr 2026 bedeuten fast eine Halbierung der Mittel – und das in einem Bereich, der schon jetzt unter Überlastung leidet. 2023 wurden über 22.000 überschuldete oder von Überschuldung bedrohte Menschen beraten – ein wichtiger Beitrag zur sozialen Stabilität. Jeder investierte Euro bringt der öffentlichen Hand laut DISW-Studie zwei Euro zurück. Die Beratung entlastet Gerichte, vermeidet Folgekosten und sichert soziale Teilhabe. Eine ausreichende Finanzierung ist daher unerlässlich. Schulden machen krank – Krankheit macht Schulden. Kürzungen gefährden Existenzen und sind auch volkswirtschaftlich kontraproduktiv.

2) Der Bereich Psychiatrie und Sucht: 2025 soll die Kommunalpauschale um 25 % sinken, was die Beratungsstellen in ihrer Existenz bedroht. Die kommunale Gegenfinanzierung ist ungewiss – bei gleichzeitig steigendem Bedarf. Besonders drastisch: 2026 sollen die Fördermittel für Suchtprävention und Zuverdienstprojekte faktisch entfallen. Damit verschwinden etablierte Angebote wie die Fachstelle Suchtprävention Sachsen und Projekte wie „GLÜCK SUCHT DICH“. Der Abbau steht im klaren Widerspruch zum Koalitionsvertrag, der Versorgung und Prävention stärken will. Fachkräfte gehen dauerhaft verloren – eine Gefährdung der Grundversorgung und ein volkswirtschaftliches Risiko mit Langzeitfolgen.

3) Maßnahmen der Integration und Partizipation von Personen mit Zuwanderungsgeschichte und die Stärkung des sozialen Zusammenhalts: Diese fanden in der Vergangenheit ihre Ausgestaltung in der Förderrichtlinie „Integrative Maßnahmen“. Die geplanten Kürzungen – 37 % weniger Mittel in 2025, 69 % weniger in 2026 – gefährden wirksame Teilhabe- und Integrationsarbeit massiv. Gerade jetzt, wo gesellschaftlicher Zusammenhalt gefordert ist, sendet der Freistaat ein verheerendes Signal. Gelebte Integration braucht Strukturen vor Ort, verlässliche Förderung und politische Rückendeckung. Ohne ausreichende Mittel droht der Verlust bewährter Angebote vor Ort. Das schwächt nicht nur Zugewanderte, sondern stärkt populistische Narrative. Integration gelingt nur mit Beteiligung – und Beteiligung braucht Ressourcen.

4) Unterstützung der Wohlfahrtspflege und des Ehrenamtes: Soziale Daseinsvorsorge braucht Trägervielfalt – und Träger brauchen Planungssicherheit. Die Freie Wohlfahrtspflege steht für eine vielfältige und passgenaue soziale Infrastruktur, die nah bei den Menschen ist. Ihre Stärke liegt in der Verbindung von Fachlichkeit, Ortskenntnis und Innovationskraft. Zugleich ist sie auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen. In der Wohlfahrtspflege engagieren sich zudem viele Menschen ehrenamtlich.

Kurzfristige Haushaltsentscheidungen, nicht dynamisierte Fördersätze und unklare politische Signale zur langfristigen Absicherung führen dazu, dass Einrichtungen, Dienste und Initiativen verunsichert sind, ob sie ihre Angebote im nächsten Jahr aufrechterhalten können. Sie werden keine Fachkräfte mehr finden und müssen – zum Teil schweren Herzens – ihre Angebote reduzieren oder einstellen. Der Verlust an Angebotsvielfalt, an Fachkompetenz, an Vertrauen kann nicht beliebig abgebaut und wieder aufgebaut werden.

Und Kürzungen im Ehrenamtsbereich senden ein fatales Signal: Bürgerschaftliches Engagement ist zwar erwünscht, wird aber nicht mehr verlässlich unterstützt. Wer an der Ehrenamtsförderung spart, lässt wertvolle Potenziale ungenutzt, die unsere Gesellschaft bereichern und nicht zuletzt den eklatanten Personalmangel zumindest etwas abfedern können. Dies gefährdet nicht nur konkrete Projekte, sondern langfristig auch das Vertrauen in politische Prozesse.

Gerade in herausfordernden Zeiten muss der Staat seinen zivilgesellschaftlichen Partnern den Rücken stärken – nicht den Boden entziehen.

Zahlen und Fakten

 

Foto: nattanan23/pixabay

Weitere Beiträge, die Sie interessieren könnten