Pflegebedürftige und ihre Kindheit

In der Kindheit sind wir traumatisierenden Erlebnissen schutzlos ausgeliefert. Das hat Auswirkungen.

schwarz-weiß Bild zweier Kinder, die Arm in Arm einen Weg entlanglaufen

Kein Mensch wird als Jude, Christ, Moslem oder Atheist, als Demokrat, Antisemit oder Terrorist geboren. Psychosoziale und soziokulturelle Einflüsse wie auch traumatisierende Erlebnisse formen unsere Lebenswelten aus.

Derartigen Erlebnissen ist die Psyche von Kindern schutzlos ausgesetzt. Bei ihnen ist Resilienz als seelische Widerstandskraft noch nicht vorhanden. Solche Erlebnisse beschreibt  der Spiegel Artikel „Die zerbombte Kindheit. Wie die Kinder mit dem Leben im Krieg umgehen“, der unter Tipps und Links aufrufbar ist.

So wie die Seele dieser Kinder zerbombt wird, versorgen wir eine Generation von Pflegebedürftigen, die im 2. Weltkrieg und in der Zeit der Vertreibung traumatische Erlebnisse ertragen musste. Fast nie wurden sie psychotherapeutisch behandelt. So verdrängten und projizierten die Betroffenen jene Erlebnisse, entwickelten ADHS, Angst- und Zwangsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, bipolare Erkrankungen bis hin zu Wahnvorstellungen.

Angehörigen gegenüber verschwiegen sie diese Erlebnisse meist, um sie damit nicht zu belasten, und weil die Erlebnisse sie seelisch überforderten. Sie hielten besagte unter Verschluss, um sich quasi vor sich selbst zu schützen, um nicht zu ex- oder zu implodieren. Trotzdem war ihre ganze Lebenswelt davon geprägt und beeinflusste ihre Kinder, die in ihrer seelischen Entwicklung davon berührt bis geprägt wurden. Eindrucksvoll erzählen Dorothee Röhrig, die Großnichte von Dietrich Bonhoeffer, und Michel Friedman in ihren Büchern davon, die ebenfalls unter Tipps und Links aufgeführt sind.

In der Demenz können solche Erlebnisse mit voller Wucht wieder aus dem Unbewussten auftauchen und gemeinsam mit den psychischen Folgeerkrankungen die alltägliche Pflege- und Betreuungsarbeit bestimmen. Ohne Kenntnis der Psychobiografien schwer zu bewältigen; aber gleichfalls schwer, sie von den Angehörigen zu erfahren.

3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Johannes Richter
    6. November 2023 10:40

    Hierzu ist der in „Tipps und Links“ zu findende Beitrag im Spiegel „Wie übt man Rache für die Tötung eines Kindes“ zu empfehlen.
    In einem Interview schildern ein israelischer und ein palästinensischer Vater, wie sie es gemeinsam schafften, keine Gefühle von Hass und Rache entstehen und in ihr unbewusstes Denken hinabgleiten zu lassen; wie sie es damit schafften, ihre anderen Kinder seelisch nicht zu vergiften.

    Antworten
  • Johannes Richter
    8. November 2023 15:25

    Im Mittelpunkt des Interviews “Wie nimmt man Rache für die Tötung eines Kindes?“ im Magazin Der Spiegel Nr. 45 vom 4. 11. 23 steht die Verhinderung der Gefühle Hass und Rache.
    Das ist bedeutsam, weil beide oft die Ursache für Handlungen sind, welche bei den Leidtragenden zu Traumata bis hin zu psychischen Störungen mit letztendlich gerontopsychiatrischen Auswirkungen führen können.

    Antworten
  • Johannes Richter
    8. November 2023 15:46

    Die Frage ist, ob diese Verhinderung durch Umwandlung gelingen kann?

    Antworten

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