Zum Auftakt der Sommertour des AWO Bundesverbands begrüßte die AWO Sachsen die AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner in Dresden. Wir sprachen über die Herausforderungen im Superwahl 2024, ließen die Kommunal- und Europawahl Revue passieren lassen und gingen der Frage: Was bedeuten die Ergebnisse für unsere demokratische Gesellschaft und die soziale Arbeit? Zudem stellten wir das Positionspapier der AWO Sachsen zur Landtagswahl und setzten auch dieses in Verhältnis zu einem möglichen Wahlsieg undemokratischer Parteien.
Hanna Schwarz, Referentin für Grundsatz- und Zukunftsfragen beim AWO Bundesverband moderierte das Gespräch mit Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin des AWO Bundesverbands, Jens Krauße, stellvertretender Vorsitzender der AWO Sachsen sowie Ulrich Karg, Projektleiter des Demokratieprojekt MitWirkung der AWO Sachsen.
In diesem Wahljahr geht es um viel: Die demokratische Verfasstheit unserer Gesellschaft steht angesichts der Bedrohungen von rechts auf dem Spiel. Im Rahmen der AWO-Kampagne „Demokratie. Macht. Zukunft.“ gehen die AWO-Präsident:innen Kathrin Sonnenholzner und Michael Groß deshalb dorthin, wo Demokratie jeden Tag gelebt – und verteidigt – wird: zu den Einrichtungen, Diensten und Projekten vor Ort, in Kieze, Quartiere und Dörfer deutschlandweit. Der Standort Sachsen war im Hinblick auf die Landtagswahl im September daher ganz bewusst gewählt – denn die Wahl wird für Sachsen wegweisend sein. Parallel erarbeitet der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt erstmals die „Demokratieförderquote“.
„Die Frage nach der demokratischen Verfasstheit unserer Gesellschaft ist aufs Engste mit haushaltspolitischen Entscheidungen verknüpft. Instrumente wie die Schuldenbremse verhindern Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge und die politische Bildung. Sie bereiten so den Nährboden für rechtsextreme oder verschwörungstheoretische Positionen. Austeritätspolitik hat noch nie den Arbeitnehmer:innen einer Gesellschaft gedient und sie benachteiligt diejenigen unter uns, die bereits vorher schlechtere Ausgangsbedingungen hatten. Diesen Sommer wollen wir mit Ihnen und Euch in Gespräch kommen, was wir dem Programm von Schuldenbremse und AfD-Rhetorik entgegensetzen können und freuen uns über alle, die mitdiskutieren wollen“, sagen dazu Kathrin Sonnenholzner und Michael Groß.
Hintergrund des AWO Bundesverbands
Das Thema der diesjährigen Sommertour ist eingebettet in die Dachkampagne „Demokratie. Macht. Zukunft.“ Sie wird vom AWO Bundesverband von 2024 bis 2025 durchgeführt. Anlässlich der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg richten wir im dritten Jahresquartal der Kampagne (Juli bis September 2024) unter dem Themenschwerpunkt AWO macht Demokratie den Blick auf unsere Demokratie.
Demokratie, das bedeutet für uns das gemeinsame Streiten und das Gestalten unserer pluralen Gesellschaft. Doch gerade jetzt, in Zeiten multipler Krisen, in denen es eine zukunftsorientierte Politik braucht, erstarken reaktionäre und populistische Kräfte. Es liegt an uns, unsere demokratischen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und unsere Demokratie gegen Demokratiefeinde zu verteidigen – an der Wahlurne, auf der Straße, aber vor allem auch im Alltag. Wir wollen gemeinsam mit AWO-Freund*innen und allen, die Lust am Diskutieren, Debattieren und Streit um das bessere Argument haben, über unser politisches System, seine Geschichte und Zukunft ins Gespräch kommen.
Bundesweit ist die Arbeiterwohlfahrt Teil der zivilgesellschaftlichen Kräfte, die für Demokratie, Vielfalt und Akzeptanz eintreten. Wir zeigen Gesicht an vielen Orten und in Bündnissen. Demokratie und freiheitliche Rechte sind kein Geschenk. Unser Grundsatzprogramm von 2019 erkennt als Voraussetzung einer freien und gerechten Gesellschaft den demokratischen und sozialen Rechtsstaat, der zunehmend Angriffen der extremen Rechten ausgesetzt ist. In einem Verband, der in der nationalsozialistischen Diktatur zerschlagen wurde, erleben wir erneut, dass unsere Mitarbeiter:innen und Ehrenamtlichen, unsere Einrichtungen und Gliederungen, für ihr Engagement bedroht und angegriffen werden. Umso mehr besorgt uns, dass die Haushaltsmittel im Demokratieförderprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ für die kommende Förderphase de facto gekürzt werden sollen. Wir dürfen nicht zulassen, dass in ländlichen Regionen Leerstellen entstehen und sich Engagierte allein gelassen fühlen. Gerade hier brauchen wir das dauerhafte und starke Engagement für Demokratie und gegen Rechtsextremismus.
Das Engagement dieser demokratischen Zivilgesellschaft ist nicht kostenlos – Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif. Studien haben gezeigt, dass eine rigide Sparpolitik während wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Krisenzeiten Demokratieverdrossenheit verstärkt und gleichzeitig die Unterstützung populistischer und rechtsextremer Parteien befördert: Die Schuldenbremse nutzt vor allem denen, die die Demokratie abschaffen wollen, Investitionen in gerechte Sozialpolitik und demokratiestärkende Maßnahmen sind aktive Demokratieverteidigung. Um nachzuvollziehen, inwiefern staatliche Strukturen dieser Aufgabe nachkommen, errechnet der AWO-Bundesverband in diesem Jahr erstmalig eine sogenannte Demokratieförderquote. Diese wird zeigen, in welchem Verhältnis die staatlichen Ausgaben für die aktive Förderung des demokratischen Zusammenlebens mit den Gesamtausgaben stehen – und uns damit Auskunft geben, wie hoch Investitionen für Demokratie im Kurs stehen.
Die Reise startet am 13. Juni in Dresden und endet im September in Berlin. Dort wird der AWO Bundesverband Eindrücke der Erlebnisse und Begegnungen mit den Ergebnissen der Demokratieförderquote in einen systematischen Bezug gesetzt. Wie stark ist unsere Demokratie wirklich und wie viel tut die (Bundes-) Politik ganz konkret, um sie zu verteidigen?
Titelfoto v.l.n.r.: Ulrich Karg, Projektleiter des Demokratieprojekt MitWirkung, Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin des AWO Bundesverbands, Jens Krauße, stellvertretender Vorsitzender der AWO Sachsen