Argumentation zum Erhalt der Sprachfachkräfte in den sächsischen Kitas

+++ Der AWO Landesverband Sachsen veröffentlicht Positionspapier +++

Luftschlangen Buchstaben und Zahlen hängen an einer Tafel

Mit dem Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ stärkt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) seit 2016 die sprachliche Bildung als Teil der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung. Ab 2021 wurde das Programm um digitale Medien und die Integration medienpädagogischer Fragestellungen in die sprachliche Bildung erweitert. Aus Sachsen nehmen 363 Kitas teil, davon 68 Einrichtungen der AWO Sachsen. Seit nunmehr sieben Jahren haben die Sprachfachkräfte einen wesentlichen Anteil an der prozesshaften Qualitätsentwicklung in den Sächsischen Kindertageseinrichtungen.

Das äußert sich in umgesetzten Qualitätsaufgaben wie:

  • Die Transparenz der pädagogischen Arbeit und des Kita Alltags nach Innen und Außen, durch Partizipation der Prozessbeteiligten, durch Dokumentation, durch Thementafeln, Gesprächsangeboten und regionalen Vernetzungen
  • Die individuelle fachliche Begleitung erfahrener Fachkräfte und neuer Mitarbeiter:innen
  • Die Möglichkeit der Reflexion durch Video Coaching, der Unterstützung und Förderung der Fachkräfte
  • Die Vernetzung der Sprachfachkräfte mehrerer Einrichtungen, mit dem Ziel des fachlichen Austausches und der Verbesserung der methodischen Vielfältigkeit der Fachkräfte in den Kitas
  • Die Übermittlung und Vermittlung zwischen den pädagogischen Fachkräften und den Einrichtungsleiter:innen
  • Die Fortschreibung der Konzeptionsentwicklung in den Einrichtungen.

Was wird durch die Arbeit in den Einrichtungen erreicht?

In der Arbeit mit dem Sprachkitaprogramm können wir unsere pädagogische Arbeit in einer Tiefe weiterentwickeln, die im normalen Kita-Alltag nicht möglich ist, zum Beispiel in den Themenfeldern Medienbildung und Digitalisierung, Kinderschutz, Inklusion und Vielfalt oder die Gestaltung von Übergängen mit Eingewöhnung. Kinder partizipieren im Rahmen des Programms und beteiligen sich mit ihren Anliegen, Wünschen und Forderungen. Damit wird auch der UN-Konvention über die Rechte des Kindes aktiv Rechnung getragen.

So entstanden in unseren AWO Kitas besondere Aktionen und Gruppen wie z.B. das Haus der kleinen Forscher, eine Waldgruppe, die Tiger-Kids, Yogastunden, eine Sport-Kita, Kneipp-Stunden und eine Englisch-Gruppe – um nur einige Beispiele zu nennen. All diese Tätigkeiten bereichern die Kita insgesamt und kommen allen Kindern zugute – nicht nur denjenigen, die einer Sprachförderung bedürfen. Die pädagogischen Fachkräfte haben die Möglichkeit, die Entwicklungsprozesse der Kinder intensiv zu beobachten und auf die Individualität der Kinder einzugehen. Es bleibt Raum für Personalentwicklung, Fortbildung, Fallbesprechungen und Supervision. Die Zusammenarbeit mit den Eltern und dem Elternrat wird gestärkt, die Programme werden transparent vermittelt und dokumentiert. Es gibt gemeinsame Feste und Höhepunkte z.B. zum Weltkindertag, Tag des Buches oder den internationalen Tag der Muttersprache, bei denen die Fachkräfte mit den Eltern ins Gespräch kommen und über das Programm informieren. Bei Bedarf und mit Zustimmung der Eltern finden Elterngespräche in Anwesenheit der Sprachfachkraft statt. Mithilfe eines „Sprachbaums“ und Infotafeln wird weiterhin über die Arbeit der Sprachfachkraft informiert.

Durch das Sprachkita-Programm werden Kooperationen z. B. mit den Grundschulen, Freizeitinstitutionen, Familienzentren und Mehrgenerationshäusern gestärkt, das Netzwerk wird erweitert und neue, vielfältige Angebote für die Kinder entstehen.

Das Sprachkitaprogramm stellt den Pädagog:innen Zeit zur Verfügung, Aufgaben zur sprachlichen Bildung wie das Begleiten von bildungsfernen und literaturunerfahrenen Kindern umzusetzen und bietet Raum zur Erörterung von Problemen sowie zum Zuhören, Auffangen und Gespräche über Literatur. Es werden mobile und in der Kita integrierte Bibliotheken eingerichtet, in welchen die Kinder in Ruhe ein Buch ihrer Wahl anschauen und lesen können und Familien durch den Umgang mit Büchern erreicht und beteiligt werden. Durch die Fachkräfte wird die Theorie der Sprachentwicklung bei Kindern praxisnah vermittelt, unter der Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Theorien und Erkenntnisse.

Die Arbeit an der professionellen Haltung der Pädagog:innen ist ein wichtiger Schwerpunkt. Gearbeitet wird an der Vorbildrolle, der Eigen- und Fremdreflexion, der Anleitung und der Prozessbearbeitung. Akzeptanz der Kultur und der Muttersprache als Ausdruck pädagogischer Haltung wird gefördert.

Was passiert beim Wegfall des Sprachkita-Programms?

 Das Bundesprogramm Sprach Kitas läuft zum 30.6.2023 aus. Im Bereich der frühkindlichen Betreuung und Bildung werden erfolgreiche Angebote in den Einrichtungen – wie in den Ausführungen beschrieben – sowie bisher angeschobene Prozesse wegbrechen. Für die flächendeckende alltagsintegrierte sprachliche Förderung in Kindertageseinrichtungen sind im sächsischen Doppelhaushalt 23/24 10,7 Millionen Euro eingestellt worden. Ab 1.7.23 soll es ein „Landesprogramm alltagsintegrierte sprachliche Bildung“ in Sachsen geben. Wesentliche strukturelle Neuerung des Landesprogramms wird sein, dass die Sprachmentorinnen und Sprachmentoren dezentral in den Landkreisen und Kreisfreien Städten angebunden werden. Um die besondere Rolle der zusätzlichen Personalstellen effektiv und nachhaltig zu gestalten, werden in allen Gebietskörperschaften geförderten Vorhaben durch eine aktuell im Ausschreibungsprozess befindliche externe Koordinierungsstelle fachlich im Prozess begleitet und unterstützt. Die Sprachfachkräfte in den Einrichtungen fallen aktuell weg. All das geht zu Lasten der Kinder – und zwar aller Kinder.

Was aus unserer Sicht geschehen muss:

Als AWO Sachsen fordern wir daher,

  1. Zusätzliche Sprachfachkräfte in den Kitas vor Ort. Durch eine zusätzliche Sprachfachkraft (19,5 Std./ halbe Vollzeitstelle) werden den beteiligten Kindertageseinrichtungen zusätzliche personelle Ressourcen mit einem spezifischen Förderauftrag zur Verfügung gestellt. Die Sprachfachkräfte beraten, begleiten und unterstützen die Kita-Teams für die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit, auch bei der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit den Familien sowie der Ausrichtung auf eine inklusive Bildungsarbeit. Schwerpunt der Arbeit sollte die alltagsintegrierte Sprachbildung vor Ort sein.
  2. Keine Doppelstrukturen bei der Fachberatung. Zur Begleitung der zusätzlichen Sprach-Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen wird eine neue, zusätzlich begleitende Fachberatungsstruktur eingerichtet, die bei den Landkreisen und kreisfreien Städten, bspw. bei den Jugend- oder Gesundheitsämtern angesiedelt ist. Sinnvoller erachten wir, wenn die etablierte Fachberatung bei den Trägern gestärkt wird. Damit können Doppelstrukturen vermieden und die Fachberatung langfristig vor Ort gestärkt werden.
  3. Eine gut vernetzte und praxisorientierte Koordinierungsstelle. Positiv ist das aktuelle Ausschreibungsverfahren zur Koordinierungsstelle alltagsintegrierte Sprachbildung. Wichtig erscheint uns, dass der Schwerpunkt der Koordinierungsstelle die Unterstützung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung der Kolleginnen und Kollegen vor Ort sein sollte.

Dieses Positionspapier ist mit Unterstützung der Kita-Fachberatung der AWO Lausitz Pflege- und Betreuungs-gGmbH entstanden.

Die Argumentation zum Erhalt der Sprachfachkräfte als Download

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