In der gerontopsychiatrischen Pflege und Betreuung trifft man auf Pflegebedürftige, die in Form einer bipolaren Störung psychisch erkrankt sind; falls mit einer Demenz verbunden, dann meist mit der sekundären Demenzform Korsakow durch Alkohol- und Drogenkonsum.
Auch hier gilt, dass es die eine bipolare Störung nicht gibt. Personalisiert stellt sie sich individuell ausgeprägt dar. Insofern ist die Kenntnis der jeweiligen Psychobiografie zwingend. Und der Umgang mit Betroffenen bedarf auf deren Basis der Empathie. Damit bereit und fähig zu sein zur Übernahme der Perspektive der bipolaren Leidenswege.
Das Leiden aller bipolar Erkrankten ist geprägt von Achterbahnfahrten aus manischen und depressiven Episoden, geprägt von „Himmelhoch jauchzend“ und „zu Tode betrübt“ mit suizidalen Übergängen.
In diesen Wechselbädern sind sie krankheitsbedingt gefangen, unbehandelt ohne Entkommen. Und die Einsicht in ihr Leiden als Krankheit ist meist wenig bis nicht vorhanden. Falls doch, dann in der depressiven Episode, wobei die Behandlung mit Antidepressiva die folgende Manie zusätzlich befeuern kann.
In der manischen Episode ist keinerlei Einsicht in die bipolare Erkrankung zu erwarten.
Menschen mit bipolarer Störung leiden an extremen Gefühlsschwankungen. Über eine Woche lang bis zu mehreren Monaten können sie manisch sein. In dieser Zeit wollen sie die Welt umarmen, sind kontaktfreudig, sind oft von einem regelrechten Schaffens- oder Kaufrausch erfasst, neigen zu leichtsinnigem Verhalten und Risikobereitschaft, sind rast- und ruhelos, auch aufbrechend und provokant. Ihr Biorhythmus kann sich dramatisch zuungunsten des Schlafes verändern. Sie können angespannt und überspannt sein, aber auch schöpferisch, produktiv und ideenreich.
In der anderen Zeit sind sie depressiv mit schwermütigen und selbstzweifelnden Gedanken, sind verzagt und niedergeschlagen, kontaktscheu bis soziale Kontakte ganz verweigernd.
Der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen zufolge begeben sich nur 10 bis 15% der Betroffenen in eine Behandlung und ca 20% nehmen sich das Leben.
Es gibt Studien, wonach die Hälfte aller Kinder mit ADHS Gefahr laufen, bipolar zu erkranken.
Nora Hille, Jahrgang 1975, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie nahm ihre bipolare Erkrankung an, ließ sich behandeln und schrieb das Buch „Wenn Licht die Finsternis besiegt. Mit bipolarer Erkrankung Leben, Familie und Partnerschaft positiv gestalten“. Es ist 2023 im Verlag Palomaa Publishing erschienen.