Jugendhaus off is – Ein Ort für die Jugend

Das Jugendhaus »off is« in Hohenstein-Ernstthal - Vorstellung eines Ortes, der die Werte einer friedlichen und vielfältigen Gemeinschaft vertritt wie kaum ein Zweiter.

Jugendliche im Jugendhaus off is

Aktionen zur demokratischen Beteiligung

Jeder, der sich bereits einmal mit diesem Thema auseinandersetzen durfte, weiß,  dass Werte  wie Toleranz, Achtung und  Respekt innerhalb einer Gesellschaft nicht immer  selbstverständlich sind.  Nach wie vor sind die hässlichen Schattenseiten der Gesellschaft durch Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gekennzeichnet und  vielerorts verbreitet. Nicht immer kommen sie an der Oberfläche sichtbar zur Geltung. Dennoch schlummern sie leider viel zu oft in unserer Gemein­schaft. Um diesen Gedanken und  Strö­mungen entgegenzustehen, bedarf es Orte der Aufklärung und  Gemeinschaft.

Als einen Ort, der die Werte  einer friedlichen und vielfältigen Gemeinschaft vertritt wie kaum ein Zweiter, möchten wir Ihnen das Jugendhaus »off is« des AWO Kreis­verbandes Zwickau e. V. etwas  genauer vorstellen. Das Jugendhaus »off is« entstand 1994 auf Initiative mehrerer Jugendlicher, die nach einem Ort für ihre  gemein­schaftlichen Freizeitinteressen suchten und  sich mit diesem Anliegen an den damaligen Bürgermeister wandten. Unter ihnen befanden sich auch  meh­rere junge  Musiker, die nach Probe räumen suchten, wodurch von vorn­ herein eine  musikalische Prägung der Einrichtung bestand. Dieses Merkmal hat sich bis heute erhalten und  wurde seit 2001 durch die Musical­Theater­gruppe erweitert, welche in diesem Jahr das neunte, selbstgeschriebene und einstudierte Stück »A very, very merry christmas« auf die Bühne bringt. Die Musicals wurden neben Aufführun­gen in Hohenstein­-Ernstthal, auch zur Chemnitzer Schultheaterwoche, zu den Wolkenburger Schlosshoftheatertagen oder im Bürgersaal Burghausen aufge­führt. Derzeit proben sieben Bands im Jugendhaus, 20 Kinder und Jugendliche kommen zum Instrumentalunterricht und ebenfalls 20 Jungen und Mädchen sind im Musicalprojekt fest integriert. Generell ist man stets bestrebt, mit interessanten, unkonventionellen Pro­jekten den Kindern und Jugendlichen aus Hohenstein-­Ernstthal und der die Stadt umgebenden Region Angebote zu machen, ihre Freizeit sinnvoll zu ver­bringen. Die Palette reicht von Besuchen im Tierheim über die Nutzung des haus­ eigenen Fitnessraumes mit dem extra Angebot des Kickboxen bis hin zu plas­tischem Gestalten im Töpferraum. Im Jugendcafé, das als täglicher Treffpunkt konzipiert ist, befinden sich Billard, Tischfußball, eine Tischtennisplatte und andere Spiele. Neben all diesen Freizeitangeboten stehen unseren Besucher*innen jederzeit kompetente Sozialpädagog*innen als offene Gesprächspartner*innen zur Verfügung. Diese helfen gern, um Probleme, seien sie privater, familiärer oder schulischer Natur, einer Lösung zuzuführen. In diesen Bereich der Jugendhausarbeit gehört auch die Möglichkeit der Ableis­tung von Sozialstunden.

Plakat zum Musical

Allen Widrigkeiten zum Trotz

Allgemein hat sich das Jugendhaus »off is« seit seiner Eröffnung 1994 als eher links geprägte Einrichtung verstanden. Das lag zum einen an den Wertvorstellungen der ersten Besuchergeneration, die sich der Punkbewegung zuordnete und damit von vornherein eine klare Abgrenzung zu rechten Ansichten und Gedanken zog. Zu dieser Zeit existierten durchaus gewaltbereite Gruppierungen in der Region, weshalb es auch nicht selten zu politisch motivierten körperlichen Auseinandersetzungen zwischen rechts­ und linksorientierten Jugend­lichen kam. Mit der augenscheinlichen Erkennung einer rechten Gesinnung durch Brutalität wurde entsprechenden Gruppierungen der Zugang zu unserer Einrichtung automatisch verwehrt. Damals war es unter anderem not­ wendig, Jugendliche, welche Zeugen/ Opfer rechter Gewaltverbrechen wur­den, zu Gerichtsprozessen zu begleiten, Erlebnisse aufzuarbeiten, die eine psy­chische Belastung darstellten, sowie Ängste vor gewalttätigen Auseinander­setzungen zu bewältigen. Als schreck­licher Abschluss dieser Zeit bleibt bis heute das Punkrockkonzert vom 3. Oktober 1999 im Gedächtnis, das von 150 rechten Schlägern gestürmt wurde. Wer vor Ort war, versuchte deeskalie­rend und schadenbegrenzend zu wirken. Niemals wird man verstehen können, was eine solche Aggressivität auslöst, anderen nur durch ihr Äußeres von sich selbst unterscheidbaren Menschen
derart schwere Verletzungen zuzufügen. In den darauffolgenden Jahren sind die unmittelbaren Konfrontationen zwischen linken und rechten Gruppierungen der Jugend im Umfeld der Einrichtung massiv zurückgegangen. Trotzdem hat man sich auch weiterhin in verschiedenen Aktionen mit der Thematik der Menschenrechte, Demokratie und Antifaschismus auseinandergesetzt.

Erinnern und nicht vergessen

So wurde zusammen mit Jugendlichen aus der Partnerstadt Burghausen die Außenstellen des KZ´s Flossenbürg, die sich in Hohenstein-Ernstthal auf dem Gebiet der heutigen Dreifelder-Sporthalle und im nahegelegenen Wolkenburg befanden, aufgesucht. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit Jugendlichen der Partnerstadt wurde ein Film gedreht, welcher über die Erfahrungen mit Rechtsradikalismus in Bayern und Sachsen informiert. Die Stärkung des Demokratieverständnisses wurde bzw. wird aber auch über andere Projekte gefördert und angeregt. So diente beispielsweise ein Vortrag über die Stasi-Vergangenheit dem Jugendhaus als interessante Möglichkeit der Bildungsförderung. Mit dem ehemaligen Bürgermeister unserer Stadt, Herrn Homilius, sowie dem Gründer des hiesigen »Neuen Forums«, Herrn Weigel, die als Zeitzeugen in einer Gesprächsrunde über Menschenrechtsverletzungen der DDR-Behörden berichteten, konnten entscheidende Unterschiede im Demokratieverständnis der beiden deutschen Staaten deutlich gemacht werden. Für das gleiche Projekt erhielt man von der Stasi-Unterlagenbehörde in Chemnitz Dokumente, welche einen Einblick gewährten, wie in diktatorischen Systemen die Menschenwürde verletzt und persönliche Freiheiten außer Kraft gesetzt werden. Die daraus resultierende Erkenntnis bestand darin, dass die uns heute garantierten Bürgerrechte, Grundrechte und Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind. Sie sind zu schützen und müssen stets bewahrt werden.

Toleranz und Menschlichkeit kann man lernen

Von besonderer Bedeutung in der täglichen Arbeit der Pädagog*innen ist vor allem der Umgang mit den Jugendlichen. Hier werden persönliche Gespräche mit Jugendlichen geführt, deren politische Orientierung in eine rechte Gesinnung tendiert, was beispielsweise bei Ableister*innen von Sozialstunden häufig der Fall ist. Im Kern geht es darum, Weltbilder zu hinterfragen, Fragen zu beantworten, Ursachen für die problematische Einstellung zu finden. Nicht selten liegen diese im familiären Umfeld. An dieser Stelle geht es vor allem darum, Hilfe anzubieten.

Nicht zuletzt haben wir unserer Einrichtung die Möglichkeit, positive Gegenentwürfe zu gestalten, beispielsweise mit unseren Musicals, die durchaus den Gedanken der Demokratie, gegenseitiger Achtung, und Verständnis füreinander zum Inhalt haben. So erzählt »Plastik Opera« die Geschichte eines Jungen, der an einen Rollstuhl gefesselt ist, und in »Elecs Geheimnis« wird am Beispiel eines Außerirdischen gezeigt, wie Toleranz und Menschlichkeit Fremden gegenüber praktiziert werden können.

Der Artikel stammt aus dem Regionalteil des AWO Kreisverbands Zwickau der meeting Ausgabe 2_2021.

Fotos: AWO Kreisverband Zwickau

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