Die Bedeutung von Empathie und Resilienz in ihrer Vernetzung für die Arbeit in der Gerontopsychiatrie

Wie finden wir die Balance zwischen von Empathie und Resilienz?

ein weißer und ein schwarzer Kopf schauen in gegensätzliche Richtungen

Arbeit in der Gerontopsychiatrie steht vor der Herausforderung, für alle Pflege- und Betreuungstätigkeiten die Pflegebedürftigen in ihren jeweiligen Lebenswelten abholen zu müssen; also dort, wo sie sich im Augenblick der Pflege- oder Betreuungsleistung lebensweltlich gerade befinden.

Diese zwingende Notwendigkeit erfolgreicher gerontopsychiatrischer Arbeit ist sehr anspruchsvoll. Sie bedarf sowohl der Empathie als auch der Resilienz in deren Vernetzung. In deren Vernetzung heißt, dass nur Empathie und Resilienz in ihrer Gemeinsamkeit zu einer menschlichen Beziehungs-, Versorgungs- und Milieugestaltung bei gleichzeitiger Wahrung der seelischen Gesundheit der Pflegenden und Betreuenden führt.

Empathie selbst besitzt keine moralische Ausrichtung. Empathie bedeutet nur, fähig zu sein zur Übernahme der Perspektive des Anderen, zu verstehen, was der Andere fühlt und denkt, in welcher Lebenswelt er zu Hause ist. Insofern kann Empathie zur Motivation führen, alles tun zu wollen, dass es dem Anderen gut geht. Empathie kann ebenso zur Motivation führen, den Anderen manipulieren zu wollen. Die Fähigkeit zur Empathie kann allerdings auch dazu führen, dass man selbst seelisch gestresst ist und den Anderen nicht helfen bis hin zu schädigen will.

Dass Empathie Stress bedeuten und seelisch krank machen kann, hängt mit der Vernetzung von Empathie und Resilienz zusammen. Eine zu schwache oder zu starke Resilienz wie aber ebenso eine zu schwache Empathie können zur Gefahr werden, die eigene Empathiefähigkeit zu missbrauchen zum Schaden der lebensweltlich von uns fortgerückten und ohne Kenntnis der Psychobiografie nicht erreichbaren Pflegebedürftigen.

Hierbei wird sichtbar, dass Empathie und Resilienz zwar miteinander vernetzt sind und sich gegenseitig bedingen, sich aber gleichzeitig ausschließen und Dysbalancen mit negativen Handlungen hervorbringen können. Pflegende und Betreuende müssen für sich eine Balance zwischen Empathie und Resilienz finden und wahren.

Sie auf der Basis dieser Vernetzung von sich bedingen und sich ausschließen zu einer solchen persönlichen Balancefindung zu befähigen ist Aufgabe von gerontopsychiatrischen Fort- und Weiterbildungen.

 

4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • A. Wohlgemuth
    17. Oktober 2023 17:13

    Hallo, das ist wieder ein sehr toller und wertvoller Artikel. Haben Sie noch Tips, wie man die „perfekte“ Balance finden kann? Bzw. Wie man sich dieser annähern kann?

    Antworten
  • Johannes Richter
    1. November 2023 11:35

    Eine Balance zu finden ist immer individuell und abhängig vom jeweiligen Sachverhalt.
    Grundsätzlich kann vielleicht gesagt werden:
    Empathie ist in der professionellen
    Arbeit mit hilfsbedürftigen Menschen ganz wichtig und beinhaltet Wertschätzung und Fürsorge, trotzdem eine emotionale Distanzgrenze, heißt, dass Empathie nicht zum Mitgefühl werden darf, also die Gefühle des Anderen mit zu fühlen, die Gefühle zu teilen. Mitgefühl ist aber beispielsweise bei den eigenen Kindern nötig. Da reicht Empathie nicht aus. Da darf es keine emotionale Distanzgrenze geben.

    Antworten
  • Johannes Richte
    1. November 2023 11:40

    Resilienz ist also bei Empathie in der Höhe notwendig, dass die erforderliche Distanzgrenze erreicht und gewahrt wird.
    Wenn Mitgefühl erforderlich ist, bedarf es keiner Resilienz.

    Antworten
  • Johannes Richter
    2. November 2023 07:32

    Zueinander stehen Empathie und Resilienz in einer dialektischen Beziehung von sich gegenseitig bedingen und gleichzeitig sich gegenseitig ausschließen.
    Diese Beziehungsstruktur hatte schon in der Antike der griechische Philosoph Sokrates bei seiner Rede und Gegenrede mit Pro- und Contra – Argumenten angewandt.
    Ich habe sie in meinen Themenbeiträgen unter „Umgang mit Demenz“ genutzt.

    Antworten

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