Seit Jahren bewegt uns das Thema Nachhaltigkeit im Verband. In unserer aktuellen meeting Ausgabe, interviewen wir Steffen Lembke, Abteilungsleiter für Qualitätsmanagement / Nachhaltigkeit beim AWO Bundesverband.
Die Bedeutung
- An Kampagnen wie #wirarbeitendran, zahlreichen Projekten im Bereich der Nachhaltigkeit und dem Beschluss aus der Bundeskonferenz 2021, dass unsere Einrichtungen und Dienste vor dem Jahr 2040 klimaneutral werden müssen, sehen wir ein deutliches Bekenntnis unserer AWO zur Nachhaltigkeit. Warum ist das Thema für die AWO von so zentraler Bedeutung?
Zum einen ergibt sich dies aus dem wertebezogenen Selbstverständnis unseres Verbandes: Die Folgen nicht nachhaltigen Handels, wie zum Beispiel eines ungebremsten Klimawandels, treffen gerade die Menschen, für welche sich die AWO einsetzt, besonders hart. Der Klimawandel ist keineswegs eine rein ökologische Katastrophe, sondern auch eine soziale und volkswirtschaftliche. Wenn wir als AWO für eine gerechtere und solidarischere Welt eintreten, können wir einer solchen Bedrohung nicht tatenlos zusehen. Zum anderen ist die Freie Wohlfahrtspflege insgesamt ein sehr wichtiger Faktor, wenn es um das Erreichen der Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele geht. In der AWO arbeiten fast eine Viertelmillion Menschen, das ist mehr als in vielen global aufgestellten Wirtschaftsunternehmen. Am Ende wird es also auch an uns und unseren rund 18.000 Einrichtungen und Diensten liegen, ob in Deutschland genug CO2 eingespart werden kann, um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Und schließlich sind wir auch eine gewaltige Schnittstelle in die Gesellschaft. Wir betreuen in unseren Einrichtungen täglich u.a. rund 200.000 Kinder. Wenn wir als AWO ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit vorleben, fungieren wir als Vorbild gegenüber diesen jungen Menschen und können vielleicht den einen oder die andere dafür gewinnen, sich ebenfalls für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen.
Wichtige Meilensteine
- Was waren Ihrer Meinung nach die, wichtigsten Meilensteine bei der Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie und ihrer Umsetzung der AWO in den vergangenen Jahren?
Die AWO hat die Bedeutung des Themas früh für sich erkannt und es mit ihren eigenen Grundwerten in Verbindung gesetzt. So wurde Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Teil des verbandlichen Selbstverständnisses, was sich nicht zuletzt im 2019 neu verabschiedeten Grundsatzprogramm widerspiegelt.
Gleichzeitig hat der Verband anerkannt, dass er selbst noch viel zu tun hat. Der von der AWO 2022 verabschiedete „Ziel- und Maßnahmenplan Klimaschutz“ war ein zentraler Schritt, den kein Wohlfahrtsverband in dieser Weise vorher gegangen ist. Hier hat die AWO Pionierarbeit geleistet und einen konkreten Rahmen geschaffen, der für die Einrichtungen und Dienste der AWO verbindliche Vorgaben formuliert, aber auch Orientierung schafft.
Mögliche Gefahren
- Wo sehen Sie die größten Gefahren, wenn die Klimaschutzziele der Bundesrepublik Deutschland nicht umgesetzt werden?
Das Verfehlen der Klimaziele birgt die Gefahr einer unkontrollierten Kettenreaktion, deren Folgen wir nicht abschätzen können. In jedem Fall wäre auch mit großen sozialen Verwerfungen zu rechnen, die den Zielen und Visionen unseres Verbandes fundamental entgegenstehen. Vor einem solchen Kontrollverlust wird auch seitens der Wissenschaft immer wieder eindringlich gewarnt.
Zudem ist Deutschland eines der wohlhabendsten Länder der Welt und hat seinen Wohlstand zu einem großen Teil der Nutzung fossiler Energie zu verdanken. Hieraus ergibt sich eine große Verantwortung, denn von Ländern wie Deutschland geht eine Signalwirkung in die ganze Welt aus. Wenn wir zeigen, dass wir die Klimaziele erreichen können, werden weitere folgen.
Die Umsetzung
- Die Klimaneutralität unserer AWO Einrichtungen bis 2040 ist ein ambitioniertes Ziel. Welche Schritte sind von Seiten unserer Einrichtungen, aber auch von der Politik notwendig, damit die Umsetzung gelingen kann?
Wichtig ist, dass sich alle Einrichtungen auf den Weg machen und erste Schritte gehen. Gerade unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen kann und muss das nicht immer gleich das ganze große Rad, wie z. B. eine Sanierung der Gebäude, sein. Bereits durch kleine Prozessveränderungen lässt sich bereits viel erreichen. Auf der Seite www.klimafreundlich-pflegen.de sind einige Beispiele aufgeführt. Gleichzeitig müssen wir aber dafür sorgen, dass die Finanzierung Sozialer Arbeit auch die nötigen Veränderungen für mehr Klimaschutz zulässt. Das ist derzeit noch nicht der Fall. Gemeinsam mit den anderen Verbänden der BAGFW haben wir daher Forderungen an die Politik gestellt, die wir auch in den Wahlkampf im nächsten Jahr einbringen werden. Aus unserer Sicht muss der Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung eine Antwort darauf liefern, wie Strukturen geschaffen werden können, damit auch die Soziale Arbeit klimaneutral werden kann.
Beitrag zur Nachhaltigkeit
- An welcher Stelle kann jede und jeder einzelne von uns, als AWO Mitglied, haupt- oder ehrenamtlicher Mitarbeitende und Bürger:in in unserem Land, zur Nachhaltigkeit im Alltag beitragen?
Wichtig ist, dass wir keine Angst vor den vor uns liegenden Veränderungen haben, sondern gemeinsam darauf hinarbeiten und unsere Mitmenschen dafür gewinnen. Das funktioniert nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern durch gute Beispiele und Geschichten, die wir weitererzählen. Dafür sollten wir mutig sein, Dinge auszuprobieren und keine Scheu davor haben, auch mal zu scheitern.
Hier zum:
AWO Maßnahmenplan Klimaschutz
Förderungspapier der BAGFW
Klimaschutzziele der Bundesrepublik
Meeting 2_2024
Foto: Portrait Steffen Lembke © NiNo GmbH