Pflegende und Betreuende sind oftmals irritiert bis verzweifelt und genervt, wenn es gilt, Menschen zu pflegen und zu betreuen, die sich in einer zeitweiligen depressiven Verstimmung befinden, bei denen eine depressive Erkrankung diagnostiziert worden ist oder die an einer Mehrfachstörung von Demenz und Depression leiden.
Mitarbeiter:innen in Pflege und Betreuung müssen allerdings auch für depressive Menschen Verständnis und Wertschätzung aufbringen. Diese unbedingte Notwendigkeit setzt eine entsprechende Grundeinstellung zum Krankheitsbild Depression voraus.
Um also auch Menschen mit Depressionen wertschätzen zu können, sollte man mit einer Selbstreflexion beginnen.
Man sollte sich Fragen stellen wie:
- Liebt man sich selbst und fühlt sich begehrenswert?
- Schämt man sich für eigene Schwächen und Makel?
- Gelingt es einem, die Schwere des Alltags zu bewältigen und in Lebensfreude umzuwandeln?
- Woraus bezieht man seine Antriebskraft und mentale Stärke und ertüchtigt diese immer wieder neu oder hat man Versagensängste?
- Gibt man sich grundsätzlich selbst die Schuld, wenn etwas nicht so klappt wie man sich das vorstellte?
Für depressiv veranlagten Menschen sind derartige Fragen zentral.
Sie sind in einer Weise besetzt, dass Betoffene im Lehrbuch des Psychiatrie – Verlages „Irren ist menschlich“ als „Sich und Andere niederschlagende Menschen“ bezeichnet werden.
Depressiv veranlagte Menschen selbst beschreiben ihre Stimmung als niedergeschlagen, mut-, freud- bis hin zu hoffnungslos, sich als antriebslos und oft als reizbar.
Versagensängste, Schuld und Scham spielen in ihrer Daseinserfahrung eine wichtige Rolle.
Sie glauben, sie seien Versager und fühlen sich wenig bis nicht begehrenswert und leistungsschwach. Im Gegenüber glauben sie aber den erfolgreichen und durchsetzungsfähigen Menschen zu erkennen.
Grundsätzlich sind sie sehr unsicher und gleichzeitig sehr kränkbar.
In der Pflege und Betreuung ist deshalb wichtig, keine Situationen entstehen zu lassen, die Versagensängste, Schuld- oder Schamgefühle auslösen und verstärken könnten.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Nicht ungewöhnlich ist, dass Menschen im Spätherbst und Winter einen sogenannten Winterblues durchleiden müssen.
Fehlender Sonnenschein, andauernder Nebel, graue Landschaft, Dunkelheit und Bewegungsmangel führen zu diesem saisonalen Muster, das allerdings keine Diagnose im Sinne der psychiatrischen Erkrankung Depression darstellt.
Trotzdem stellt gerade dieser Winterblues die Versorgung demenziell erkrankter Menschen vor eine große Herausforderung, weil auch er mit Symptomen wie Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit, einem erhöhten Schlafbedürfnis und aggressivem Verhalten bei Nichtbeachtung in Pflege und Betreuung verbunden sein kann.
In meinem Bekanntenkreis ist eine junge Frau.
Sie kam mit den Herausforderungen ihres Lebens nicht mehr klar und rutschte in eine Depression verbunden mit Panikattacken.
Erforderlich machte sich eine siebenwöchige stationäre psychiatrische Behandlung, die sehr erfolgreich verlief.
Ohne etwas Neues gefunden zu haben kündigte sie nach Rückkehr ihr langjähriges Arbeitsverhältnis trotz umfangreicher Eingliederungsmassnahmen.
Der Grund dafür war, dass sie sich gemobbt fühlte. Sie war sehr verletzlich geworden, und schon flapsig dahingeworfene Bemerkungen wie, du hast aber Allüren entwickelt, genügten für dieses Gefühl und ihre Entscheidung zu kündigen.
Fazit: Es bewahrheitet sich der Satz, dass nicht die psychische Störung an sich das Problem darstellt, sondern das Verhalten des sozialen Umfeldes.
Es bewahrheitet