Countdown zur Bundestagswahl: Thema Offene Sozialarbeit

Macht die Menschen, die unsere Hilfe benötigen, sichtbarer!

Ein Mann sitzt an einem Tisch zwei Männern gegenüber in einem Gespräch Beratung

In unseren Beratungsstellen treffen wir täglich Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, deren Leben teilweise unverschuldet tief erschüttert wurde. Und niemand will sich damit befassen, denn wer gibt schon Obdachlosen, Straffälligen oder Suchtkranken eine Stimme? „Die sind doch selber schuld“ heißt es dann. Dabei wird oft übersehen, wie schnell Menschen aus unterschiedlichen Gründen an den Rand unserer Gesellschaft geraten können und dann allein nicht mehr zurückfinden. Schaut nicht weg! Nehmt Euch der Probleme der Menschen an, die ansonsten keine Lobby haben. Denn wir sind eine Gemeinschaft – und stark können wir nur sein, wenn wir möglichst vielen helfen können, ihren Weg zurück in die Mitte unserer Gesellschaft zu finden.

Wie wollen wir das schaffen?

Wir müssen mit unseren Schubladen-Denken aufhören!

Die Politik muss Aufklärungsarbeit leisten:

  • Straffällige sind nicht zwangsläufig Kriminelle ohne Skrupel, sondern auch mittellose Hartz IV-Empfänger*innen, die einmal zu oft beim Schwarzfahren erwischt wurden.
  • Wohnungslose Menschen sind nicht nur verwahrloste ältere Männer im Park mit der Flasche in der Hand, sondern auch junge Familien, die vom Mietspiegel verdrängt werden.
  • Der verschuldete Middle-Age-Mann hat nicht unkontrolliert bei Amazon bestellt, sondern unter Umständen aufgrund des Todes seiner Frau den Zahlungsforderungen für den Hauskredit nicht mehr nachkommen können.
  • Den Wunsch, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, haben nicht nur junge Mädchen, die einfach nicht aufgepasst haben, sondern häufig Frauen, welche bereits Mutter sind, Familie haben und fest im Leben stehen.

Das sind nur einige Beispiele, wie wir bestimmte soziale Probleme immer wieder mit denselben Stereotypen verbinden. Raus aus den Köpfen mit vorverurteilenden Klischees!!!

Sozialen Abstieg verhindern und gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen!

Wir müssen die Ursachen bekämpfen und auch etwaige Gesetze in Frage stellen:

  • Muss es sein, dass Menschen ins Gefängnis kommen, weil sie das Straßenbahnticket nicht bezahlen können? Oder bräuchte es nicht die Umgestaltung bestehender Systeme, damit sie das Bahnticket bezahlen können? In diesem Zusammenhang fordert die AWO die Überprüfung der Ersatzfreiheitsstrafen!

Welche Voraussetzungen müssen wir schaffen, um die Hürden für einen gesellschaftlichen Abstieg zu erhöhen?

  • Eine Möglichkeit dafür bietet z.B. die verstärkte Investition in das Bürgerschaftliche Engagement.
  • Finanzschwache Kommunen müssen viel mehr unterstützt werden, um die Hilfe für sozial benachteiligte Menschen leicht zugänglich anbieten zu können.
  • Es muss konkret geschaut werden, wo es mit der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse noch besonders starken Verbesserungsbedarf gibt, z.B. beim Zugang und der ausreichenden Existenz von Sozialwohnungen. Diesbezüglich fordern wir die Regierung auf, für einen Ausbau von Sozialwohnungen ebenso zu sorgen, wie für die Sicherung des Mieterschutzes durch u.a. die Begrenzung von unkontrollierten Mieterhöhungen.
  • Die Aufnahme arbeitender Straffälliger in die Rentenversicherung gehört zu der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse.
  • Insbesondere für die von Wohnungslosigkeit bedrohten bzw. wohnungslosen Menschen braucht es Standards bezüglich der medizinischen Versorgung. Der Zugang und die auskömmliche Finanzierung zu Fachärzt*innen, z.B. Psychotherapeut*innen sowie die zahnärztliche Versorgung sind auszubauen.
  • Nachdrücklich spricht sich die AWO für die Streichung des § 218 StGB aus, der den Schwangerschaftsabbruch als eine Straftat regelt. Geschlechtergerechtigkeit beinhaltet auch, dass Frauen – ebenso wie Männer – ein Recht darauf haben, selbst über Ihren Körper zu entscheiden. Somit sollten Frauen auch ohne Beratung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Abbruch durchführen lassen dürfen, ohne dass es zu Stigmatisierung und Strafverfolgung kommt.

Menschen zurückholen!

Um den Menschen zu helfen, wieder in das gesellschaftliche Leben zu finden, benötigt es verlässliche und langfristige Strukturen.

  • Für die Anerkennung der Sucht-, Straffälligen- und Wohnungsnotfallhilfe als systemrelevante Arbeitsbereiche und deren Würdigung über eine verpflichtende Vorhaltung der Angebote sowie deren bedarfsgerechte Finanzierung wird es allerhöchste Zeit. Der Integrations- und Resozialisierungsauftrag, ebenso wie die Präventionsaufgaben dieser Angebote sind von besonderer Bedeutung für die Erreichung des Zieles, Menschen aus Ihren z.T. prekären Lebenssituationen herauszuholen und Ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wieder zu erlangen.
  • Alle Menschen, unabhängig von Ihrer Beschäftigungsform, Ihrem Einkommen und dem Leistungsbezug müssen Zugang zu einer Schuldnerberatung bekommen. Es braucht eine bundesgesetzliche Änderung, sodass Schuldnerberatung eine feste gesetzliche Aufgabe wird. Zudem braucht es eine bedarfsgerechte Finanzierung der Beratungsdienste, insbesondere in Reaktion auf die zu erwartende Überschuldungswelle in Folge der Coronapandemie.

Gerade im Hinblick auf die Bewältigung der Corona-Pandemie bleibt festzuhalten: Verteilungsfragen dürfen nicht zu Lasten der Schwächsten in der Gesellschaft gehen!

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